INSELN IM STRESSMEER Wie viel Struktur braucht der Familienalltag wirklich? Diplom-Psychologin Daniela Groß gibt Tipps, wie Eltern von Grundschulkindern mit stressigen Situationen umgehen können. inwiefern es sinnvoll,den Tag meines Kindes genau durchzuplanen? Daniela Groß: Wir Menschen – egal, ob Kinder oder Erwachsene – brauchen immer wieder einen Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Das heißt, einerseits ist es gut, feste Termine und eine Struktur für den Tag, die Woche zu haben. Wann ist Hausaufgabenzeit? Wann ist Medienzeit, wann nicht? Anderer- seits sollte man genauso Zeiten einplanen, in denen die Kinder einfach mal durchhängen, sich mit einem Freund treffen und frei spielen. Denn wir wissen, das Spiel ist wahnsinnig wichtig, auch noch für Grundschulkinder. Da entdecken sie die Welt. Gibt es eine „perfekte“ Struktur? Nein, das hängt von ganz verschiedenen Faktoren ab. Wie arbei- ten die Eltern? Kommt das Kind erst nachmittags nach Hause? Wann kann es Freunde treffen? Man sollte in Zusammenarbeit mit dem Kind herausfinden, was die besten Zeiten sind. Vielleicht sind es nicht jeden Tag die gleichen. Aber eigentlich macht es schon oft Sinn, auch für den Nachmittag eine Art Stundenplan zu haben. Wann ist die richtige Zeit für Hausaufgaben? Die Pause nach der Schule sollte nicht allzu lange sein, damit das Kind nicht zu sehr entspannt. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das Kind abends um sechs nochmal dafür hinsetzt. Außerdem sollten die Hausaufgaben nicht länger als zwei Stunden dauern. Wie geht man damit um, wenn sich das Kind schwertut, Routinen und Regelmäßigkeiten anzunehmen? Gerade bei Kindern, die sich schwertun, ist Routine umso wichti- ger. Das sind Kinder, denen innerlich oft diese Struktur fehlt und denen die äußere Struktur hilft. Ich würde versuchen, relativ kon- sequent zu bleiben. Natürlich sollte man schauen, ob es etwas gibt, das gar nicht passt: Braucht das Kind doch vorher etwas mehr Ruhe? Mehr Unterstützung? Einen anderen Arbeitsplatz? Aber wenn eine Zeit festgelegt ist, sollte man daran festhalten. Thema Hobbys: Ab wann sind es zu viele? Man sagt, es sollten nicht mehr als ein bis zwei zusätzlich festge- legte Termine in der Woche sein – im Durchschnitt. Aber das ist sehr individuell. Es gibt Kinder, die brauchen nicht so viel Action. Es gibt aber auch Kinder, zum Beispiel mit ADHS, die gehen dreimal in der Woche zum Fußball und sind immer noch nicht ausgepowert. Was mache ich, wenn sich mein Kind mal langweilt? Langeweile ist durchaus gut für Kinder. Zwar sind sie da quenge- lig, aber wenn ich immer sofort sage, was zu tun ist, kommt das Kind nie in die Verlegenheit, sich selbst etwas zu überlegen. Man kann schon Vorschläge machen, aber letztlich soll es diese Lan- geweile auch mal aushalten und daraus etwas entwickeln. Wenn immer alles vorgegeben wird, haben sie es im Erwachsenenleben auch einmal schwer, die Freizeit zu gestalten. Bisher ging es viel darum, wie man den Tag für das Kind plant. Welche Möglichkeiten gibt es demgegenüber, gemeinsame Familienzeit zu strukturieren? Da gilt das Schlagwort „Quality“ statt „Quantity“. Wenn wenig Zeit ist, dann sollte man umso aufmerksamer und offen sein, aktiv zuhören, nicht alles so nebenbei machen. Also: Lieber erst die Hausarbeit erledigen und danach wirklich Zeit haben. Am Wo- chenende kann man dann mehr unternehmen – Spiele spielen, m o c . e b o d a . k c o t s - j d a r i n : o t o F 30